O4 – Der trügerische Schein und seine Folgen


Ein Getreidesilo wird es sicherlich nicht, egal wie es in O4 kommt. Mit jenem Begriff umschrieb die ältere Damen auf dem Sitz hinter mir das Stadthaus N1 am Paradeplatz, welches während des Bürgerforums des Mannheimer Morgens als Beispiel jener Kahlschlag-Baupolitik genannt wurde, die kurz nach dem Krieg und noch lange später in Mannheim alte Substanz bedenkenlos niedergeschleift und durch gesichtslose Zweckarchitektur ersetzt hat. Viele Bürgerinnen und Bürger fürchten das gleiche Schicksal für das Gebäude in O4, welches mit seinem barocken Aussehen wenigstens etwas kurfürstliches Flair in die Haupteinkaufsmeile der Stadt bringt.

Auf dem Gelände, auf welchem heute noch die BW-Bank residiert plant der Eigentümer, die LBBW Immobilien GmbH, eine Handelsimmobilie in 1A-Citylage. Laut Projektbeschreibung auf deren Seite sollen auf 5000 qm Einzelhandelsflächen, Büros und Wohnraum auf insgesamt fünf Etagen entstehen. Laut LBBW-Geschäftsführer Hille gäbe es bereits einen namhaften Interessenten, der an diesem Platz eine neue „Destination“ für die Einkaufsstadt Mannheim aufbauen wollte. Um wen es sich freilich konkret handelte, sagte er nicht. Nur, dass dieser sich nicht in die bestehenden Räumlichkeiten einmieten wolle und könne.

Das Problem beim bestehenden Gebäude in O4, 4 werden Hille und sein Architekturberater Prof. Wilfried Wang, Professor in Austin, Texas, nicht müde zu betonen sei die Unwirtschaftlichkeit. Es sei unmöglich eine attraktive Adresse bei gleichzeitigem Erhalt des bestehenden Gebäudes zu ermöglichen, welches längerfristig wirtschaftlich sinnvoll ist. Argumentiert wurde mit energetischen Gründen, der fehlenden Fensterfront nach außen, die für die Präsentation unerlässlich sei oder die nicht gleichmäßigen Etagenhöhen über das gesamte Gebäude. Für die LBBW als Besitzerin war die Erstpräferenz an der Stelle ein kompletter Neubau im modernen Stil; dies sei auch nach wie vor die Präferenz geben Hille und Wang zu bekennen. Jedoch sei beiden nach den Bürgerprotesten klar geworden, dass den Mannheimern mehr am alten Adelspalais liegt, als das Papier zu erkenne gibt. Dieses sei eindeutig: O4 ist kein Denkmal und daher nicht schützenswert. In diesem Glauben hatten sie den Neubau geplant und angegangen.

Auf dem gestiegen Podium nun trafen sich beide Parteien wieder: Der Vertreter des Vereins Stadtbild Mannheim sprach entgegen der rechtlichen Fakten bei O4, 4 von einem Denkmal des Herzens; in seiner Präsentation malte er sich aus, wie eine Rekonstruktion der alten Räumlichkeiten aussehen und wie ehemalige Kernelemente des Gebäudes wieder auferstehen könnten. Architekt Striffler, der in Mannheim durch Bauten wir das Amtsgericht, die Trinitatiskirche und die Sparkasse am Paradeplatz Spuren hinterlassen hat, sprach bei dem Gebäude von einem Wegweiser in einem immer komplizierter werdenden städtischen Umfeld, welcher jeder von uns direkt in seiner eigenen mental map verankert hätte. Für beide unerklärlich, warum in solch alter Substanz nicht auch eine wirtschaftlich ansprechende Lösung möglich wäre. Als Beispiel wurde Frankfurt genannt, wo in den nächsten Jahren mehrere Häuser wieder historisch rekonstruiert werden.

Es drängte sich den Abend über der Eindruck auf, dass sich auch in Zukunft beide Gegenpole nicht mehr einigen werden, ob O4 nun ein Denkmal ist oder nicht. Oberbürgermeister Kurz, der sich am Abend in höchster Diplomatie (trotz Einsatzes seiner Frau gegen den Abriss) auffallend mit Aussagen für oder wider Abriss zurückhielt, brachte es auf den Punkt: Das baden-württembergische Denkmalschutzgesetz sieht die Bedeutung für des Stadtbild als Kriterium für die Schutzwürdigkeit nicht vor. Seine Verwaltung habe den Investor am Planungsbeginn darauf hingewiesen, dass ein Abriss Wellen schlagen könnte, auch seien verschiedene Nutzungen durchgespielt worden, aber Fakt sei, dass es sich beim bestehenden Gebäude um eine nach dem Gesetz nicht erhaltenswerte Rekonstruktion eines Gebäudes an älterer Stelle handele. Der Sündenfall würde nicht heute begangen, sondern liege in den 1970ern, als das in den 1720er Jahren erbaute ehemalige Adelspalais abgerissen und lediglich in einem Teil von O4 wieder historisiert aufgebaut wurde. Ein Vertreter vom Bauamt erläuterte nochmals anschaulich mit Bildern, die Veränderungen zwischen Original und bestehendem Gebäude: So sei die Hofeinfahrt, die ursprünglich zur Staße hin verließ um 90 Grad in den Übergang zwischen historisierender Fassade und 70er Jahre-Anbau gesetzt. Dieser Übergang deute heutzutage darauf hin, dass das Palais ein alleinstehendes Gebäude an der Spitze von O4 war. Ein täuschender Eindruck, denn ursprünglich verlief das Gebäude weiter bis hin zur Kunststraße. Darüber hinaus seien Etagenhöhen, ebenso wie der Dachaufbau beim Wiederaufbau entscheidend verändert worden. Wenn man also die Fakten nimmt ist allein der Schein barock, die Substanz nur in sehr wenigen Teilen. Wenn man jedoch der Mannheimer Morgen Umfrage trauen kann, so sprechen über 70 % der Befragten für den Erhalt dieser barocken Täuschung aus.

Wie geht es nun weiter? Vergangene Woche präsentierte der Frankfurter Architekt Jo Franzke der Stadtspitze, den Fraktionsvorsitzenden und der LBBW neue Pläne für O4, welche einen Neubau im barocken Stilelementen vorsehen. Diejenige, die am gestrigen Abend hofften, diese Pläne und Entwürfe zu Gesicht zu bekommen wurden enttäuscht: Erst in den nächsten Wochen sollen sie öffentlich vorgestellt werden (wobei der OB die Präsentation im internen Kreis bereits als Öffentlichkeit gesehen hat – nun ja). Man schwor sich gestern gegenseitig höchstmögliche Transparenz, vergas jedoch, dass dies in den vergangenen Monaten allzu oft nicht geschehen ist – auch ein Umstand, der zu den vielen BürgerInnenprotesten letztlich führte und nun in nicht geringem Misstrauen gegenüber den Investoren. Es wird sich zeigen, wie die Menschen auf die neuen Pläne reagieren und ob in diesem Sinne ein Kompromiss, wie ihn sich die Stadt wünscht, abzeichnet. Aussagen wollte gestern keiner der Abrissgegner machen, schließlich könne man keine Meinung haben über Dinge, die man noch nie gesehen habe.

Am Ende der Diskussion kam er dann noch der unvermeidliche Vergleich: Hat Mannheim nun auch sein S21, bei dem die BürgerInnen sich öffentlich einem Großprojekt widersetzen, gegen den Großinvestor wüten und sich passioniert für Alternativen einsetzen? Auch wenn die Dimensionen andere sind: Man roch schon den Geist der Aufmüpfigkeit am gestrigen Abend, und das von einem Publikum, was meist die 50 schon lange hinter sich gelassen hat. Als ein jüngerer Zuhörer ans Mikro ging und seinen Unmut über diese Debatte zum Ausdruck brachte und offen einen Abriss und mit modernem Neubau forderte („das bestehende Haus zerstört das moderne Gesicht der Planken“, „die Stadt muss wachsen“) brandete großer Widerspruch auf. Die Abrissgegner, sie waren gestern eindeutig in der Mehrzahl. Und wie ein Anwesender feststellte: Sie haben erreicht, dass die Neubaupläne im modernen Stil vom Tisch sind und nun von Seiten des Besitzers umgeplant wird. Hier sind die Mannheimer also bereits heute weiter als ihr Stuttgarter  Pendant. Ob sie sich allerdings so leicht abspeisen lassen, wird sich noch zeigen.

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