Cattenom? Non Merci!

Es wird viel von der „German Angst“ in letzter Zeit gesprochen. Von allzu hysterischen und hektischen Äußerungen und Handlungen. Fukushima hat das Denken über Atomkraft verändert. Hat jene bestärkt, die seit Jahren und Jahrzehnten gegen Atomkraft kämpfen, hat aber auch die zum nachdenken bewegt, die bislang aus verschiedensten Gründen zum „Weiter so“ in der Atomenergie bereit waren. Ein Nebeneffekt der medialen und öffentlichen Aufmerksamkeit ist eine hereinbrechende Flut von Gutachten und Expertenaussagen, der die wichtigsten Fragen um Atomkraft beantworten soll:

– Ist ein sofortiger Ausstieg möglich bzw. bis wann ist ein Aussteig realistisch?

– Wie können die rund 25 % Strom, welche die Atomkraft an der Stromerzeugung in Deutschland hält durch andere Energiequellen gedeckt werden?

– Wie viel kostet uns als Staat und als Endverbraucher der Ausstieg?

Ist es nun hysterisch diese Fragen zu stellen und mit Vehemenz auf einen Ausstieg aus der Atomenergie zu pochen? Nein, es ist gerade zu geboten und vernünftig. Andere Länder denken nach dem Unglück in Japan nicht reflektiert über Alternativen nach und erwägen einen Aussteig aus der Atomkraft. Frankreich mit seinen 75 % Atomstrom ist weit entfernt von einer Diskussion über den – realistischerweise muss man sagen – langfristigen Aussteig aus der risikoreichen Energieform. Auch in Italien oder Schweden wird zwar laut nachgedacht, aber an Handeln denken freilich wenige. Denjenigen ist aber Recht zu geben die sagen, dass ein Ausstieg nur europaweit bzw. weltweit Sinn macht. Was nützt es wenn wir unsere Reaktoren ausschalten, aber an unseren Grenzen Pannenreaktoren stehen, dies wurde ich im Wahlkampf des vergangenen Jahres oft gefragt. Solange AKWs an Grenzen stehen, solange Atomstrom über Importe ins atomfreie Land gelangt, solange kann auch die Anti-AKW-Bewegung nicht still sein zu fordern. Es reicht nicht auf EU-Ebene über Stresstests (anscheinend In momentan) und deren Maßstäbe alleine zu reden, sondern das Projekt der Energiewende muss in einem Atemzug mitdiskutiert werden. Aber die Politikereliten in vielen Staaten stellt sich sturr, und ignoriert den aufkeimenden Protest. Verantwortungsvolle, weitsichtige Politik – Fehlanzeige!

Am Ostermontag finden traditionell die Ostermärsche der Friedensbewegungen statt. In diesem Jahr wird der Kampf gegen die Atomenergie im Mittelpunkt stehen. Ich werde meine Reise nach Cattenom antreten, einem Atomkraftwerk mit beängstigenden Ausmaßen. Während in Deutschland meist nur bis zwei Reaktoren vor sich hin werkeln, sind es dot vier. Auch die Pannenserie ist beeindruckend-beänstigend. Bereits 1986 berichtete der Spiegel in einem Bericht über das Atomland Frankreich über Cattenom. Immer noch bietet das AKW in Cattenom nicht ausreichenden Schutz gegen Abstürze von Verkehrsflugzeigen, immer noch kommt es regelmäßig zu Pannen und Abschaltungen, immer noch (trotz eigener Twitter-Seite) ist das Informationsmanagment sowjet-artig. Erdbebensicherheit ist bis heute nicht gerantiert – darüber hinaus soll im Notfall mit Wasser aus einem Reservoir gekühlt werden, was wiederum selber nicht gegen Erdbeben gesichert ist. Hier ein Auszug aus dem Pannenregister für sechs Monate aus dem letzten Jahr (abrufbar unter http://www.cattenom-abschalten.de/):

  • 13.03.2010: Während Arbeiten beim Brennelementwechsel in Block 4 lassen sich zwei Steuerstäbe nicht vollständig in den Reaktorkern einführen (Die Steuerstäbe unterbrechen bei Abschaltung des Reaktors die nukleare Kettenreaktion).
  • 17.03.2010: Schnellabschaltung des Reaktorblocks 2 nach Unregelmäßigkeiten beim Betrieb der Turbine
  • 18.03.2010: Schnellabschaltung des Reaktorblocks 1 nach Ausfall eines Messpunkts zur Überwachung des Neutronenflusses im Reaktorkern
  • 05.04.2010: Abschaltung des Reaktorblocks 2 nach einem Wassereinbruch im Maschinenraum infolge fehlerhafter Wartungsarbeiten
  • 17.04.2010: Ein Elektroinstallateur wird bei Kabelarbeiten radioaktiv verseucht.
  • 06.05.2010: Abschaltung des Reaktorblocks 3 nach Wasserstoffaustritt am Kühlsystem des Stromgenerators
  • 19.05.2010: In Reaktorblock 4 wird der Defekt einer Pumpe am Notkühlsystem der Dampferzeuger festgestellt.
  • 20.07.2010: Reaktorblock 3 schaltet automatisch ab, nachdem die Stromversorgung eines Absperrventils am Sekundärkreislauf ausfiel und überschüssiger Dampf nicht abgeführt werden konnte.
  • 13.09.2010: Während der Arbeiten zum Brennelementwechsel an Block 1 schließt ein Kraftwerkstechniker aus Versehen ein Ventil, das die Versorgung des Abklingbeckens mit Borwasser regulieren soll (Borwasser wird zur Eindämmung der nuklearen Kettenreaktion verwendet).

Es ist höchste Zeit diesen drittgrößten Meiler Frankreichs vom Netz zu nehmen. Seine Energie wird nicht nur in Frankreich verwendet, auch mit der EnBW bestehen Lieferverträge. Diese sollten von der neuen Landesregierung im Ländle genaustens geprüft und gekündigt werden. Cattenom ist eine Gefahr für die Menschen in seiner direkten Umgebung, das hat es in den letzten 25 Jahren bewiesen. Bis nach Luxemburg sind es 20 km, bis nach Saarbrücken und Trier jeweils 50 km. In diesem Bereich leben weit mehr als 1,5 Millionen Menschen. Viele sind sich der Gefahr in der Nachbarschaft nicht bewusst, aber das Unglück in Japan mit Evakuierungszonen von bis zu 30 km rütteln auf. Es ist höchste Zeit abzuschalten – europaweit!

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